Erfahrungsberichte von Volontären


Paul (Deutschland) - Hilfslehrer / Kommunikation und Website (2022)

Drei Monate in Togo, drei Monate im tiefsten Afrika. 

Wenn man derartige Pläne in der Familie und im Freundeskreis verbreitet, wird man oft erstmal mit großen Augen angeguckt. Es folgen dann nicht allzu selten Äußerungen wie: „Warum denn nicht lieber nach Frankreich?“; „Kriegst du da auch genug zu essen?“; „Gibt’s da überhaupt was anderes als Wüste?“

Mit all diesen Vorurteilen muss man irgendwie klarkommen und sie akzeptieren, der afrikanische Kontinent wird bei uns in den Medien zu einseitig negativ dargestellt, um sie von heute auf morgen zu überwinden. Ich wollte und will nach Afrika, weil ich in Deutschland behütet aufgewachsen und im globalen Kontext mehr als privilegiert bin und, auch wenn mein Geburtsort nicht in meiner Verantwortung liegt, etwas zurückgeben möchte. Das Glück, was ich hatte und habe, mit anderen teilen möchte, indem ich sie unterstütze (auch wenn das bedeutet, dass ich für das Leisten von Arbeit Geld bezahlen muss). Wenn man dann so wie ich nach frankophonen Zielländern für ein Volontariat sucht, bleibt neben Togo nicht viel übrig – und so fällt man eine Entscheidung, ohne in dem Moment genau zu wissen, was für Auswirkungen sie auf das eigene Leben haben wird. 

Denn wenn man ein bisschen kulturoffen und an anderen Menschen interessiert ist, wird dieses Land einen verändern. Positive Erfahrungen, die ich sammeln konnte, sind etliche kulturelle Austauschmöglichkeiten, das Entdecken neuer Gerüche und Geschmäcker, einige der nettesten Menschen die ich bis jetzt kennengelernt habe, unglaublich viel Dankbarkeit und Zuneigung für meine Arbeit und vieles mehr. Auch wenn man sich als Europäer gewissen negativen Aspekten wie Abgasen und Müllbergen nicht entziehen kann, kann ich bereits vorwegnehmen, dass meine Bilanz definitiv positiv ausfällt.

Bei meiner Anreise war diese Gefühlslage eine komplett andere. Ich habe den Eindruck, dass ich erst beim Landeanflug auf Lomé wirklich verstanden habe, auf was ich mich da einlasse: ich reise alleine in ein fremdes Land, das weit hinter dem europäischen Standard zurückliegt, in dem ich niemanden kenne und wo ich drei Monate lang leben und arbeiten will! Es wäre eine Lüge zu sagen, dass man da nicht zumindest ein bisschen ängstlich und nervös wird.

Umso schneller sind diese Angst und Nervosität verflogen. Alle Menschen, die für mich verantwortlich waren und die ich innerhalb der ersten Tage kennenlernen durfte, waren unglaublich freundlich und zuvorkommend. In meiner Gastfamilie wurden mir Wünsche und Anliegen von den Lippen abgelesen und bei AGERTO wurde ich ebenso herzlich empfangen wie drei Wochen später in der Grundschule.

Denn ja, ich hatte tatsächlich zwei Arbeitsstellen. Dadurch, dass mein Ankunftsdatum drei Wochen vor Schulbeginn lag, begann ich meine Arbeit zunächst außerplanmäßig bei AGERTO, kümmerte mich im Wesentlichen um die dreisprachige Gestaltung der Website und später auch um eigens angestoßene Projekte: Spendenaufruf zur Finanzierung der Müllentsorgung vom Gelände, Erstellen eines Instagram-Accounts, Aktualisierung der Rubrik „Lehrlingspatenschaft“. 

Dadurch, dass ich für Instagram und die Website auch in Ansätzen fotografisch tätig wurde, bekam ich die Gelegenheit, an mehreren Events teilzunehmen. Neben den ersten Veranstaltungen für lokale Diabetiker, die AGERTOs Engagement für lokale Entwicklung unterstreichen, war es für mich vor allem eine große Ehre, an der Diplomvergabe in zwei Zentren (Kpalimé und Akpakpakpé) teilzunehmen. An diesen zwei Tagen allein habe ich unglaublich viele Eindrücke gesammelt und einiges über die togolesische Kultur gelernt. Gerade in Kpalimé, was ja mein Einsatzort war, war dieses Ereignis für mich ein besonderer Moment, da ich viele der Diplomanden persönlich kenne und viele Fotos mit den hiesigen Auszubildenden schießen konnte – definitiv unvergessliche Erinnerungen! 

Auch im Alltag hat mich die ehrliche und aufopferungsvolle Arbeit aller Beteiligten bei AGERTO zutiefst beeindruckt. Vom Präsidenten Messan, der alles gleichzeitig im Blick hat und immer ansprechbar ist, über Cobby, der ebenfalls immer ein offenes Ohr hat und sich gefühlt an allen Ecken und Enden totarbeitet, bis hin zu den Lehrmeistern und Auszubildenden, die in harmonischer und familiärer Atmosphäre Tag für Tag zusammenarbeiten und sich gemeinsam eine Zukunft errichten. Nicht zu vergessen ist dabei, dass so gut wie alle Verantwortlichen hier ehrenamtlich arbeiten! Ich kenne keinen zweiten Ort auf dieser Welt, wo so viele selbstlose Menschen an einem Punkt versammelt sind. 

Auch nach Beginn der Schulzeit habe ich also bei AGERTO weitergearbeitet, dann allerdings nur noch nachmittags. Vormittags habe ich erst in der Grundschule und später auch im Collège den Lehrern assistiert. Zu Beginn hatte dieser Einsatzort viel mit Beobachtung und Lernprozessen zu tun, aber auch mit dem ein oder anderen Kulturschock, zum Beispiel durch den Rohrstockeinsatz. Auch die Lehrmethoden sind aus deutsch-europäischer Perspektive gewöhnungsbedürftig. Dennoch blicke ich auch auf diese Zeit gerne zurück. Ich habe es auch hier geschafft, Freunde und Angetraute verschiedener Altersgruppen zu finden und eine enge Bindung und Leidenschaft zu meiner Arbeit zu entwickeln. Und auch hier konnte ich nach einigen Wochen selbständiger werden: ich habe kranke Lehrer in ihren Klassen ersetzt und, oft weitestgehend spontan, den Unterricht geleitet, und für die letzten sechs Wochen meiner Zeit hier jeden Donnerstag einen zusätzlichen Lesekurs für die fünfte Klasse angeboten, der den Kindern und mir viel Freude bereitet und ganz nebenbei eine große Unterstützung dargestellt hat. Gerade diese letzte zusätzliche Anstrengung meinerseits, auch wenn sie mich angesichts der großen und nicht immer leicht zu kontrollierenden Klasse einiges an Nerven gekostet hat, wurde mir von allen Seiten hoch angerechnet und war definitiv mehr als notwendig. 

Als Weißer, der nach Togo kommt, fühlt man sich sowieso ein wenig wie ein Filmstar. Jeden Tag wurde mir auf offener Straße „Yovo, Yovo“ entgegengerufen, die kleinen Kinder in der Schule konnten es oft nicht lassen, meine Haut und meine Kleidung anzufassen, und viele Menschen wollen gerne mit dir „befreundet“ sein. Eine der größten Herausforderungen als Freiwilliger hier ist es deswegen wohl, sich die richtigen und integren Menschen für den persönlichen Umgang sozusagen herauszupicken. Einige Eigenheiten muss man natürlich in jedem Fall akzeptieren. So habe ich engen Kontakt zu einem der Lehrer entwickelt und in meiner Freizeit damit begonnen, ihn bei seinem Landwirtschaftsprojekt zu unterstützen. Ich habe für ihn Projekte entworfen, die wir dann ins Internet auf die Website betterplace.org gestellt haben, um Spenden zu sammeln. Denn auch wenn er tagtäglich als Lehrer einen ehrenhaften Beruf ausübt, ist er auf sein Feld und das dort angebaute Gemüse angewiesen, um sich und seine Familie über die Runden zu kriegen.

Allgemein ist es für jemanden, der quasi sein ganzes Leben in Europa verbracht hat, erschreckend, wie sehr Armut in der Gesellschaft hier an der Tagesordnung ist. Die Lehrlinge und Lehrmeister bei AGERTO sowie die Lehrer an der Privatschule sind dabei definitiv Berührungspunkte. Dadurch hat man auf der anderen Seite allerdings direkt die Bestätigung, dass die Arbeit, die man hier verübt, einen Sinn hat und bei den Menschen ankommt. Mit für uns sehr einfachen Mitteln lässt sich die Lebenssituation hier schnell verbessern. 

So kommt es dann, dass mir nach 14 Wochen der Abschied vom Land und seinen Menschen schwerfällt. Ich habe jeden Tag meiner Arbeit genossen, mein Französisch verbessert, Freunde und Familie weit von meiner eigentlichen Heimat entfernt gefunden und Unvergessliches erlebt. Wer auch immer von AGERTO, der École Privée La Bonne Semence oder meiner Gastfamilie das hier liest, vielen vielen Dank. Ich werde sehr oft an Euch alle denken und werde alles daran setzen, dass wir uns sehr bald wiedersehen!


Kira (Deutschland) - Lehrerin am Gymnasium in Kpalimé (2019)

Nachdem ich mein Lehramtsstudium in Deutschland beendet hatte, wollte ich unbedingt noch etwas Zeit im französischsprachigen Ausland verbringen, bevor ich dann endgültig in den Lageralltag in Deutschland starten würde.

 

Ich entschied mich dafür über die Organisation Rainbow Garden Village für vier Wochen nach Togo zu reisen und dort an einer Schule zu arbeiten.

Die Organisation vermittelte mich in Zusammenarbeit mit AGERTO nach Kpalimé.

 

An meinem ersten Tag in Kpalimé lernte ich die Stadt, den Markt und das AGERTO-Ausbildungszentrum kennen.

Da ich vorher noch nie in einem afrikanischen Land gewesen bin, sammelte ich unendlich viele neue Eindrücke. An meinem zweiten Tag begleitete mich mein Gastbruder zu der Schule, an der ich arbeiten sollte: Das College Polyvalant, eine katholische Schule im Zentrum Kpalimé'.

 

Wir einigten uns darauf, dass ich zunächst die Deutschlehrer der Schule im Unterricht begleite.

Mein Stundenplan ließ mir dadurch noch viele Freiräume: Der Unterricht begann zwar jeden Morgen um 7 Uhr, aber fast jeden Tag hatte ich zwischendurch Freistunden und Schulschluss war spätestens um 13 Uhr.

Meinen im Vorhinein über die Organisation gebuchten und von AGERTO organisierten Französischunterricht konnte ich so immer direkt im Anschluss an die Schule oder nach einer kurzen Mittagspause besuchen.

 

Im Allgemeinen bin ich in meinen vier Wochen in Kpalimé gerne zur Schule gegangen.

Die Deutschlehrer waren sehr freundlich und haben mich gerne mit in ihren Unterricht genommen, der sich in Togo deutlich anders abspielt als in Deutschland. Die meiste Zeit redet der Lehrer und die Schüler hören zu.

 

Dadurch, dass bis zu 40 Schüler in einer Klasse sitzen gibt es wenig Möglichkeiten für die Schüler in der Fremdsprache zu kommunizieren und die gelernten Grammatikstrukturen und Vokabeln wirklich einzuüben.

 

Bei einem Lehrer hatte ich die Möglichkeit selbst ein paar Unterrichtsstunden zu halten.

In diesen Stunden habe ich besonders viel Wert darauf gelegt die Schüler zu aktivieren und ihnen die Möglichkeit zur Anwendung der deutschen Sprache zu geben.

Wir spielten Vokabelspiele, arbeiteten in Partnerarbeit und spielten Dialoge vor der Klasse.

Die Schüler waren mir gegenüber sehr aufgeschlossen und haben sehr gut mitgearbeitet.

Es war eine hilfreiche Erfahrung in einer so großen Klasse ganz ohne die Hilfe von Technik zu unterrichten.

 

Was mir an der Schule überhaupt nicht nicht gefallen hat, sind die Bestrafungsmethoden.

Die Schüler werden wegen Kleinigkeiten (z. B. Essen im Unterricht) zum Aufseher geschickt und mit einem dicken Stock auf die Handinnenfläche geschlagen. Zum Teil wurde dies sogar öffentlich vor versammelter Schüler-und Lehrerschaft durchgeführt. Ich hatte den Eindruck, dass alle Beteiligten dies als gerechtfertigt und „normal“ empfunden haben. Hier besteht definitiv Aufklärungsbedarf.

 

Wer ein paar Monate oder länger an einer Schule in Kpalime arbeiten möchte, hat sicherlich tolle Möglichkeiten den Lehrern hier die Vorteile von schüleraktivierendem und -motivierendem Unterricht näher zu bringen.

Weiter bestünde sicherlich Interesse an weiterführender Deutsch-Nachhilfe oder einem Zusatzangebot, das die deutsche Kultur in den Fokus rückt.

 

Leider konnte ich solche Projekte in meiner kurzen Zeit nicht realisieren.


Helen (Deutschland) - Assistenzärztin im Spital Kpalimé (2019)

Ich heiße Helen, bin 26 Jahre alt und als frisch approbierte Ärztin nach Togo gekommen. Ich wollte nach meinem Examen und vor Beginn des stressigen Berufsalltags, mir nochmal eine Auszeit gönnen und mir meinen Wunsch erfüllen, nach Afrika zu reisen und dort die medizinischen Standards mit eigenen Augen zu sehen. Zusätzlich kam noch hinzu, dass ich mein vergessenes Französisch der Oberstufe wieder auffrischen wollte, weswegen die Wahl auf Togo gefallen ist. Nach ein wenig Internetrecherche habe ich mich dann für die Organisation Rainbow Garden Village (RGV) entschieden, die hier in Kpalimé mit AGERTO zusammenarbeitet.

Vom Flughafen in Lomé abgeholt, eine Nacht im Hotel übernachtet, ging es am nächsten Morgen weiter nach Kpalimé nach Hause zu meiner Gastfamilie, wo ich die nächsten zwei Monate verbringen sollte. Ich wurde herzlichst von der Gastmama willkommen geheißen und fühlte mich auch sofort wohl.

Im Anschluss fuhr ich mit meinem Gastbruder zum Ausbildungszentrum AGERTO und lernte dort seinen Vater und AGERTO Chef Messan kennen, der mit RGV in Zusammenarbeit steht. 

Auch hier wurde ich herzlichst begrüßt und mir wurden gleich der für mich zuständige Assistant des Krankenhauses sowie mein Französischlehrer für die kommenden Wochen vorgestellt. 

Danach lernte ich noch etwas die Stadt und Umgebung kennen und war sehr begeistert von der atemberaubend schönen Natur, die die Stadt umgibt.

Am nächsten Tag startete auch schon mein Französischunterricht. Nach 10 Jahren nicht sprechen, denken und schreiben in der Sprache, war es echt ein harter Kampf mit Händen und Füßen und gewaltigen Kopfschmerzen am Ende, jedoch hatte der Lehrer viel Geduld und aufmunternde Worte und ab Stunde zwei lief es gleich besser.

Aufgrund bürokratischer Angelegenheiten gab es Verzögerungen mit dem Beginn meines Projekts, wodurch ich noch 1 ½ Wochen Zeit hatte, mich besser einzugewöhnen, mein Französisch zu verbessern und die Umgebung mit ihren Wasserfällen zu entdecken. Mir wurde von AGERTO ein Fahrrad anvertraut, womit ich mich flexibel bewegen konnte ohne ständig die Moto-Taxis zu bezahlen und dafür war ich sehr dankbar, auch mit der Aussicht, hier wahrscheinlich nicht so viel Sport treiben zu können wie zu Hause.

Am zweiten Donnerstag nach meiner Ankunft ging es dann im Krankenhaus los. Mir wurde zu Beginn das gesamte Gelände gezeigt und ich wurde durch alle Abteilungen geführt und jedem einmal persönlich vorgestellt. 

Da meine ersten vier Wochen auf der Inneren Medizin stattfanden, lief ich im Anschluss die Visite mit. Die wurde von einem außerordentlich netten Assistant durchgeführt, der mir trotz meines Sprachdefizits geduldig alles erklärte und mich darin bestärkte, sofort selbst zu untersuchen und auch schon in den Patientenkurven zu schreiben. Ich merkte gleich, dass ich es mit einer medizinisch kompetenten Person zu tun hatte und war positiv überrascht. Die Visite verlief der unseren ähnlich und mir wurden vom Assistant sogar immer Handschuhe für jede Untersuchung gegeben. Die Mitarbeiter der Station, die ich währenddessen kennen lernte, waren wirklich sehr freundlich und hießen mich willkommen.

Die ersten Tage waren sehr schockierend, wenn man die Krankenhäuser, Hygienestandards und das Gesundheitssystem in Deutschland gewohnt ist. Alte dreckige Betten mit kaputten Matratzen, Fliegen und Moskitos, die in den Zimmern rumfliegen und kleine Käfer, die auf den Arbeitsflächen mancher Zimmer rumkrabbeln. Infusionssysteme werden mehrfach verwendet und das nicht immer mit erneuter Desinfektion. Keine Kissen oder Decken auf den Betten, die Patienten müssen sich Schutzfolien kaufen und deren Pagne (ein gemusterter Stoff, den es hier an allen Straßenecken zu kaufen gibt) als Laken, Decke und Kissen verwenden. Handschuhe, jedes Medikament und jede diagnostische Untersuchung müssen erst bezahlt werden, bevor der Patient behandelt werden kann. Die Familien, die kein Geld haben, tragen ihre schwerkranken Angehörigen aus den Zimmern nach Hause, was mir schon öfter Tränen in die Augen getrieben hat, vor allem mit dem Wissen, wie einfach diese Behandlung in Deutschland sein würde. Vieles der Diagnostik kann nur in Lomé getätigt werden, was Zeit und viel Geld kostet. 

Ich habe bei den Visiten oft die Patientenuntersuchungen durchgeführt und viel davon mitgenommen. Manches gibt es in diesem Ausmaß einfach nicht in Deutschland. Die sonstige Lehre hing vom jeweiligen Assistant ab, der die Visite durchführte.

Die Arbeitszeiten waren von 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr und dann wieder von 15:00 Uhr bis 17:30 Uhr.

In meinen Pausen fuhr ich die ersten 3 Wochen immer zu AGERTO für den Französischunterricht und erhielt dort auch immer gleich mein Mittagessen. Das funktionierte reibungslos, strengte jedoch ordentlich an.

Die letzten zwei Wochen meines Praktikums ging ich auf die Gynäkologie und Geburtshilfe. Die Assistants und der Docteur waren auch hier sehr nett, die Hebammen leider nicht alle. Das Phänomen, wenn ein Team fast nur aus Frauen besteht.. Ich vermisste ein wenig die Krankenpfleger der Inneren Medizin. Unter den Hebammen fand sich auch eine andere Freiwillige, wodurch sich der Spaßfaktor jedoch wieder um einiges steigerte und man seine Erfahrungen austauschen konnte.

Auf der Gynäkologie konnte ich viele Untersuchungen bei den Konsultationen selbst durchführen und mir wurde auch viel erklärt, das war wirklich schön und auch beim Ultraschall durfte ich ab und an selbst Hand anlegen. 

In der Geburtshilfe nahm ich leider eher die beobachtende Rolle ein. Ich begriff schnell, dass die Indikation für Kaiserschnitte hier großzügig gegeben wird, genauso wie die Verabreichung von Antibiotika generell im Krankenhaus. Ein liebevoller Umgang mit den Gebärenden ist leider nicht üblich, sondern das Verteilen von Schlägen und Anschreien. Bei Totgeburten, die leider oft vorkommen, besteht auch keine Empathie der Mutter und den Angehörigen gegenüber. Die toten Babys werden anschließend eingewickelt in Pagne vorm Mülleimer gelagert. Hier merkte ich wirklich große Unterschiede in den Kulturen. Togolesische Frauen müssen viel Stärke mitbringen, ich habe meinen allergrößten Respekt vor Ihnen.

Trotz Höhen und Tiefen, bereue ich keinen einzigen Tag und bin dankbar für die Zeit hier. Ich nehme viel mit nach Hause und weiß noch mehr, worauf ich später als tätige Ärztin Acht geben möchte und wofür wir alles in Deutschland dankbar sein können.

Danke für dein tolles Engagement Helen


Ralf Grubwinkler (Schweiz) - Hilfslehrer/Accounting/Webseite (2018)

Nachdem ich mit dem Rucksack als Tourist bereits 70 Länder bereist hatte, wollte ich ein Land als Volontär erleben und damit auch etwas Nachhaltiges bewirken.

 

Mein Ziel war es in einem für mich ungewohnten beruflichen Umfeld einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Ich entschloss mich als Hilfslehrer für sieben Wochen nach Togo zu fliegen und dort den Kindern und Lehrern meine Lebenserfahrung zu Verfügung zu stellen und gleichzeitig von den Erfahrungen dieser Personen in Togo zu lernen. Meine Unterkunft und Schule befand sich im Dorf  Agomé-Tomebé, ca. 15 km und 30 Auto- oder Motorradtaximinuten ausserhalb der 75'000 Einwohner Stadt Kpalimé. An meinem ersten Schultag in der Grundschule wurde ich gefragt, in welche Klasse ich gehen möchte. Ich entschloss mich für den Kindergarten.

 

Es standen sogleich die jährlichen Impfungen an. Etwa jedes dritte der 36 drei- bis vierjährigen Kindergartenkinder hatte grosse Angst vor der Spritze. Es gab Tränen und einige zappelten so heftig, dass ich schon bald zu Hilfe gerufen wurde um mitzuhelfen die Kinder zu beruhigen.

 

Der Morgen war sehr kurzweilig dank der Turnstunde, des Schreibunterrichts mit den Kindern und der zahlreichen Spiele. Am Nachmittag ging es mit Schreibübungen und Geschicklichkeitsspielen weiter.

Am zweiten Tag vernahm ich, dass ab Mittag für den Rest der Woche gestreikt werde. So fuhr ich per Motorradtaxi in die Stadt hinunter um mich in der Administration von AGERTO nützlich zu machen. Dort startete ich mit der Reorganisation der Buchhaltung. Ziel war es mit einfachen bestehenden Mitteln (MS Excel) eine transparente und für Mitarbeiter ohne grosses Buchhaltungswissen handhabbare Lösung zu entwickeln und am Ende meiner siebenwöchigen Volontärzeit alle Beteiligten so geschult zu haben, dass sie ohne mich klar kommen. Erfreulicherweise stellte ich in der Buchhaltung der vergangenen 15 Monate keine Unregelmäßigkeiten fest. D.h. die Zahlen waren auch nach dem erneuten Erfassen der Belege plausibel.  Keine Selbstverständlichkeit hier in Afrika.

 

So bekam ich auch im fernen Afrika wieder eine Arbeit, die nicht weit von meiner gewohnten Tätigkeit als Business Controller entfernt war.

 

Da der Streik bis ans Ende meiner Volontärzeit jeweils ab Mittwoch andauerte, arbeitete ich fortan immer für zwei Tage in der Schule und für drei Tage bei AGERTO.

 

Nach drei Wochen im Kindergarten fragte ich den Schuldirektor, ob ich auch einmal eine Schulklasse besuchen darf. Er willigte ein und ich musste feststellen, dass die heile Welt vom Kindergarten ab der

ersten Klasse vorbei war. Das Arbeitsinstrument «Rohrstock» bereitete mir Mühe.

Ich musste ansehen, dass bereits die kleinsten Schüler für Kleinigkeiten mit dem Stock bestraft wurden. Auch wurde ständig mit dem Stock auf die Tische geschlagen. Ich beschloss den Direktor zu bitten mit mir in den verschiedenen Klassen eine Schulstunde zu besuchen. Er willigte ein und im anschließenden Gespräch bat ich ihn, die Lehrer zu bitten, den Schlagstock in der Mitte zu halten und statt auf die Tische zu schlagen nur noch mit dem einen Stockende zu klopfen. Dies wäre schon ein erster Schritt. Der Direktor hat mir versprochen die Sache anzupacken.

 

Bei AGERTO nahm die Buchhaltung langsam Formen an. Weiter war es mir auch ein Anliegen, die Webseite zu verbessern. Zusammen mit Tim und Jeanne packten wir das Projekt an. Wir überarbeiteten die Struktur und die Texte. Ich schoss mit meiner Kamera viele Bilder um der Internetseite möglichst viel Leben einzuhauchen.

 

An den Wochenenden unternahmen wir oft mit meinen Gastgeschwistern und anderen Volontären Ausflüge in der Region. Die unglaublich grüne Landschaft u.a. mit Bananen-, Papaya-, Kakao-, Zitronen- und Avocadobäumen hat mir sehr gut gefallen. Ebenfalls das warme Klima.

 

Am Ende meiner siebenwöchigen Volontärzeit in Togo blicke ich gerne zurück. So viel habe ich erlebt, ich habe die Menschen in Togo sehr zu schätzen gelernt und viele neue Freunde gewonnen. 

 


Michael Bohnert (Deutschland) - Maschinenbauingenieur (2018)

Als Maschinenbauingenieur habe ich mich in Deutschland zwar schon ein paar Jahre mit der Entwicklung von Maschinen beschäftigt, aber wie und mit welchen Mitteln man diese wieder

reparieren kann, habe ich in den 2 Monaten bei AGERTO gelernt.

 

Ein typischer Arbeitstag verläuft ungefähr so:

 

6:15: Ich wache von alleine auf, da es hell wird und so brauche ich hier keinen Wecker. Ich frühstücke süßliches, hefezopfartiges Brot, welches besonders lecker ist, wenn man es in den mit Kondensmilch zubereiteten Kakao tunkt.

 

7:15: Durch die erwachende Stadt spaziere ich zu AGERTO, könnte aber für wenige Cent auch eines der

zahlreichen Motorradtaxis nehmen. Als Fußgänger empfiehlt es sich, immer schön am Rand zu laufen, da der motorisierte Verkehr Vorrang hat.

 

7:30: Ich treffe bei AGERTO ein, grüße all die Lehrlinge und Meister und bin beim Morgenapell dabei, bei

dem die deutsche und die togolesische Flagge gehisst und anschließend beide Nationalhymnen gesungen werden.

 

7:35: In den Werkstätten werden die anstehenden Aufgaben verteilt und ich mache an der Aufgabe des gestrigen Tages weiter: Eine ca. 100 Jahre alte Ständerbohrmaschine stand festgerostet im Lager und die letzten Tagen habe ich es geschafft mit Zerlegen, Reinigen und Ölen, die Maschine wiederzubeleben. Nun

montiere ich den Motor dran und nachdem ein passender Schalter einer anderen Maschine entwendet wird, fehlt nur noch der Antriebsriemen. Hierzu fahre ich mit dem Meister auf dem Motorrad zu einem Laden, der gebrauchte Riemenstücke verkauft und wir finden ein Passendes.

 

9:30: Am Straßenstand gegenüber von AGERTO hole ich mir einen leckeren gesüßten Maisbreidrink

(Bouillie) und nehme leckere, frittierte Teigbällchen (Deniz) dazu.

 

9:45: Bei den Schneiderinnen gebe ich einen schönen afrikanischen Anzug in Auftrag, werde

hierzu vermessen und gebe den gebatikten Stoff ab, den ich gestern Abend auf dem Markt gekauft habe.

 

10:00: Ich übe mich darin,au s dem Riemenstück mittels Schrauben und Blechstücken einen geschlossenen

Riemen passender Länge zu bauen und freue mich, als die 200 Kg schwere Maschine dann mit vielen helfenden Händen in die Werkstatt gebracht wird und läuft.

 

11:30: Vor dem Mittagessen will ich nichts Neues mehr anfangen und helfe beim Fertigen der tollen

Massivholzmöbel, vom Bett über den Hocker bis zum Klapptisch mit. Auch bei den Schlossern ist es interessant zu sehen, wie Autos geschweißt, Kocher aus Autofelgen gebaut und schöne Tore gefertigt werden und wie man nur mit Hammer und Meißel Bleche zuschneiden, biegen und prägen kann.

 

12:00: Nun ist Mittagspause und es gibt bei AGERTO Essen, welches ich im angenehmen Schatten des

Mangobaumes esse und mir dort auf einem der bequemen, handgeschnitzten Liegestühle noch ein Mittagsschläfchen gönne. Anschließend unterhalte ich mich mit Messan und erfahre wieder viel Interessantes über AGERTO.

 

14:00: Als dann die Mittagspause um ist, hole ich mir Geräte aus dem Lager von AGERTO. Dort hat es

viele alte, gespendete Maschinen, von denen einige kleinere Probleme haben und so sichte ich Schweißgeräte, Druckluftkompressoren, Winkelschleifer, Bohrmaschinen und Sägen und prüfe, was sich reparieren lässt. Dafür suche ich Ersatzteilen von anderen defekten Geräten und Draht, Blech oder Holzreste am Boden der Werkstatt zusammen. Manchmal klappt es gut, aber manchmal weiß man auch,

dass die Reparatur nicht lange halten wird.

 

15:53: Einer der Azubis spielt mir einen afrikanischen Rapsong auf seinem Handy vor.

 

17:00: Nun ist Feierabend und ich spaziere nach Hause und von dort weiter Richtung Markt, wo ich noch

Bananen und eine richtig reife Ananas kaufe.

 

17:50: Ich hole Eimer, Waschschüssel, Seife und einen Stapel dreckiger Wäsche und mache mich daran

meine Wäsche von Hand zu Waschen. Dabei schauen mir meine Nachbarinnen belustigt zu, wie ungeschickt ich mich anstelle. Die Wäsche ist gerade fertig, als es um 18:30 dunkel wird.

 

19:00: Ich gehe zu meiner Gastfamilie, wo wir alle zusammen das togolesische Nationalgericht Foufou

essen. Dies ist Yambrei in scharfer Brühe mit Fleisch oder Fisch und wird traditionell mit den Fingern gegessen, was mit der Zeit auch sehr gut klappt. Nebenher erzählen wir uns die Erlebnisse des Tages und sehen eine mexikanische Serie im Fernsehen.

 

19:45: Auf dem Rückweg kaufe ich wie jeden Abend bei der alten Dame im Tante Emma Laden gegenüber mein Wasser und ein Youki, was meine Lieblingslimo geworden ist. Daheim setze mich in den

Hof, da es dort luftiger ist, als im Zimmer und telefoniere per WhatsApp nach Hause, was mit dem sehr guten Handynetz hier auch problemlos und günstig geht.

 

20:30: Ich lerne noch Vokabeln und sortiere die Fotos des Tages, denn zumindest in den ersten Wochen erlebt man jeden Tag so viele außergewöhnliche Dinge, dass man viele Fotos macht.

Ich schaue noch in die Open Street Maps Karte, da ich am Wochenende in den nahen Bergen zu einem Wasserfall wandern will.

 

21:45: Als ich zum Bad laufe, um Zähne zu putzen, sehe ich einen großartigen Sternenhimmel über mir.


Tjada Schult (Deutschland) - Praktikantin nach dem Abitur (2015)

Ein Jahr im Ausland – ein Jahr lang Freiwillige – ein Jahr lang bei AGERTO in Togo.Im August 2014 bin ich mit dem ICJA e.V. als Entsendeorganisation ausgereist, um ein Jahr lang im Ausland als Volontärin in einem sozialen Projekt zu arbeiten, zu „helfen“, aber vor allem, um zu lernen und neue, andere, fremde, unbekannte, faszinierende Orte und Menschen zu entdecken.Nach einem Monat der Seminar- und Eingewöhnungsphase begann dann endlich die Arbeit in meinem Projekt, der NGO AGERTO in Kpalimé. Zum Zeitpunkt der Bewerbung hatte ich nur gewusst, dass es sich um ein soziales Ausbildungszentrum handelt, und mir gefiel damals die Vorstellungen, Jugendliche in meinem Alter zu treffen sowie ein (Aus-)Bildungsprojekt zu unterstützen.Womit ich nicht gerechnet hatte: Vom ersten Tag an so herzlich in der „Familie AGERTO“ aufgenommen zu werden! :D Alle Mitglieder, Lehrer, Auszubildende und ehrenamtlichen Mitarbeiter begegneten mir aufgeschlossen und freundlich und halfen mir, meine Ideen und Projekte bei AGERTO umzusetzen – so zum Beispiel die Vergrößerung des Nutzgartens, den Aufbau der Hühnerzucht und das Taschenprojekt in der Schneiderei.Was mir besonders gut an AGERTO gefällt? Dass man als Freiwilliger die Möglichkeit hat, sich selbst einen Tätigkeitsbereich auszusuchen, seine eigenen Ideen umzusetzen und seine Arbeit selbst zu strukturieren. Auf diese Weise kann jeder sich dort einbringen, wo er gebraucht wird. Was mir nicht gefallen hat? Hmm, schwer zu sagen.. Ich denke, die – leider für Togo typisch – ermüdend langsame Verbindung im Internet-Café, das erschwert manchmal die Arbeit.

Und mein Fazit? Definitiv ein sinnvolles, zukunftsorientiertes und nachhaltiges Zentrum, das es zu unterstützen gilt. Solltest Du mal in Togo sein, schau in jedem Fall mal vorbei – es lohnt sich! :)


Annika Eberhardt - Administration

Kaum richtig in Kpalimé angekommen, ging es bereits drei Tage nach meiner Ankunft in mein Projekt, das ich zuvor selbst ausgesucht hatte.

Zwar war ich auf ein vielseitiges Ausbildungszentrum eingestellt, doch zugegeben verschlug es mir bei AGERTOs Größe und der Aussage, ich könne hier machen, was ich wolle, die Sprache. Feste Arbeitsaufgaben gab es nicht, was für mich anfangs etwas ungewohnt war. Doch zum Glück zog ich das große Los mit meinen zwei Mitfreiwilligen Johanna und Thomas, die mir das Einleben sehr erleichterten, viel erklärten und mir das Gefühl gaben, am richtigen Ort für die nächsten sechs Monate zu sein.

Mein Gefühl täuschte mich nicht, denn nur wenige Einsatzstellen bieten einem Freiwilligen so tolle Entfaltungsmöglichkeiten. So legten Johanna und ich eine Nutzgarten an, übersetzten deutsche Packungsbeilagen von deutschen Medikamenten, initiierten Deutsch-, Französisch- und Gesundheitskurse, aktualisierten die Webseite, halfen der Buchhaltung und führten ein erfolgreiches Taschenprojekt mir den Schneidern durch, das sogar die Brunnenrenovierung finanzierte. Dazu kamen auch Ausflüge in die spendable Wasserabfüllfirma „Clever“ zu einem Waisenhaus nach Lomé und Agbétiko. Solange der Vorsitzende Messan einen Nutzen für AGERTO in einem Projekt sah, erlaubte er alles.

Zwar war AGERTO „nur“ meine Arbeitsstelle, doch eigentlich habe mich dort wie zu Hause gefühlt. Wenn es mal keinen Strom gab und man keine Beschäftigung für den ganzen Tag fand, wurde eben gemeinsam mit der Sekretärin Angèle und den Lehrlingen der Kochlöffel geschwungen. Und war man mal krank, müde oder schlecht gelaunt, fand sich immer irgendjemand, der einem den Tag verschönerte.

Nach einem halben Jahr AGERTO kann ich für mich sagen, dass ich ein Projekt für mich gefunden habe, dass aufgrund seiner kompetenten Führung, seiner Transparenz,  seiner Lebendigkeit und seiner Erfolge sowie seinen Zielen definitiv wert ist, weiterhin unterstützt zu werden. 


Rainer Gruszczynski (DAZ e.V.) - Administration (2009)

Zunächst aber ging es vom 27.09.. bis zum 04.10. nach Kpalimé zur Association Germano Togolaise (Agerto), einem Projekt, das außerhalb des Schirms von DAZ angesiedelt ist, aber 2008 meine besondere Aufmerksamkeit gefunden hat, weil auch dort etwas Beeindruckendes „zum Anfassen“ entstanden ist, was den am Projekt teilnehmenden Menschen und der ganzen Region sichtbar nützt. Denn:  Wie im ersten Teil des Reiseberichtes bereits beschrieben, werden dort mehr als 100 Jugendliche in verschiedenen Berufen   von 16 Lehrern ausgebildet.

 

Die Jugendlichen  kommen alle aus schwierigen persönlichen oder sozialen Verhältnissen: Obdachlosigkeit, Gewalt in der Familie, Aids, sexueller Missbrauch, Tod der Eltern, Ausbeutung sind die Themen, die sie hinter sich lassen wollen. Darunter sind auch junge ledige, sogar verwitwete  Mütter mit ihren Kindern. Die jungen Menschen kommen aus dem ganzen Land, weil sich herumgesprochen hat, dass sie in Kpalimé,   ca 120 km von der Hauptstadt Lomé entfernt, eine kostenlose Ausbildung erhalten können. Außerdem ist vorgesehen, dass die Lehrlinge  täglich eine warme Mahlzeit bekommen (wofür das Geld aber nicht immer reicht) und   für die Mehrzahl der Mädchen   werden -  leere, unmöblierte - Zimmer angemietet, die sie sich mit jeweils drei anderen teilen müssen.

 

Der Verein finanziert sich fast ausschließlich über Spenden aus Deutschland, vor allem von einer Kirchengemeinde aus Esslingen-Wäldenbronn. Außerdem lässt Messan A., der togoische Präsident und Gründer von Agerto,   eine Minirente in das Projekt einfließen, die noch auf seinem Aufenthalt in Deutschland beruht. Der Staat Togo hat für das Zentrum kostenlos lediglich das Grundstück zur Verfügung gestellt. Eine weitere finanzielle Unterstützung  kommt von ihm nicht und ist auch nicht zu erwarten. Obwohl die hervorragende Bedeutung Agertos nicht nur für die Jugendlichen und MitarbeiterInnen, sondern auch für die Region und das Land von höchsten Stellen anerkannt wird. Staat und Stadt sind schlicht finanziell überfordert. Sicher auch durch eigenes Versagen. 

 

Buchführung und Schattenwirtschaft

 

Wenn man Ausbildung und Produktion dort erlebt und die Bedeutung für die Region und das Land berücksichtigt, ist Agerto sicher ein Erfolgsprojekt. Allerdings ist die wirtschaftliche Grundlage so dürftig, dass immer wieder Mitarbeiter kein Gehalt bekommen oder das Projekt gar vom Untergang bedroht ist. Man lebt von der Hand in den Mund. Schuld daran ist u.a. auch ein m.E. stark verbesserungsbedürftiges  Management und, darin eingeschlossen, das Fehlen einer Buchführung, die diesen Namen verdient. Dieser Mangel an Transparenz hält mit Sicherheit weitere Spender fern (dazu auch mein Beitrag: Kinder und Buchführung).

 

Aus diesem Grunde war es mein Anliegen, Agerto zu einer wahren, klaren und aussagefähigen Buchführung zu verhelfen. Mir war schnell klar, dass die Sekretärin nicht in einer  Woche ausreichend zu trainieren war, da die Defizite – auch im Problembewusstsein des Vorstandes – zu groß waren. Ich habe daher einen Buchhalter gesucht, der die Agerto-Verwaltung gegen Bezahlung in Buchführung ausbildet und supervidiert. Dies ist mir mit Hilfe des Direktors des Collège Protestant von Kpalimé gelungen.

 

In der Zeit, als  ich  Agerto besuchte, habe ich  in dem Haus von  Messan A. gewohnt, in einem Bergdorf, 17 km von Kpalimé entfernt. Auch durch diese Nähe zu Messan bekam ich hautnah mit, was Korruption und Schattenwirtschaft bedeuten. Denn wenn wir morgens auf dem Weg ins Zentrum mit viel Holz auf dem Autodach einen Militärposten passierten, wollte dieser Geld haben – erst aus formalen Gründen, dann  „für Bier abends“. Das Recht nahm er sich heraus, weil man für das Holz, das ja ein Handelsgut aus Ghana sein könnte, eigentlich einen Passierschein brauchte. Der war zwar schon seit langem beantragt, kam aber bei Messan nicht an. Wahrscheinlich, weil der Antrag nicht genug mit Geld unterfüttert war. Wenn man sich in   Kpalimé   beschweren wollte, war das nicht möglich, denn Monsieur war nicht zu sprechen oder er hielt Mittagschlaf – Umschreibungen dafür, dass der Mann betrunken war. Auch hier hätte Geld vielleicht helfen können.

 

Wenn man dem Soldaten für sein Bier abends nun Geld gab, hatte das  zur Folge, dass 2 km weiter ein Freund oder Bruder stand, der ebenfalls Geld haben wollte. Denn übers Handy hatte der ja erfahren, dass das klappt.

 

Über alle diese Bestechungsgelder gibt es natürlich keine Quittungen, die man verbuchen könnte. Dennoch ist das Geld weg, ausgegeben. Komplizierter wird es noch dadurch, dass die Waldarbeiter, die das Holz, das  auf dem Autodach transportiert wurde, angeliefert hatten, ebenfalls von Quittungen nicht viel hielten. Sicher (oder auch nur vielleicht): Man hätte das Holz in der Stadt     gegen Rechnung kaufen können – aber zum doppelten Preis. Und das wiederum stößt bei einem chronisch unterfinanzierten Zentrum wie Agerto schnell an Grenzen. Und außerdem: Warum sollen ausgerechnet die Ärmsten die Schattenwirtschaft dann meiden, wenn sie ihnen Vorteile verschafft,  wie z.B. beim Holzerwerb? Wo doch die Amtsträger und die Eliten bis hinauf zu den höchsten Repräsentanten des Staates das Volk ausplündern !

 

Dennoch bleibt zu fragen:  Wie soll man in solchen Verhältnissen noch eine überzeugende Buchhaltung präsentieren können? Für solche Fälle habe ich immer wieder für die Erstellung von Eigenbelegen plädiert, die allerdings plausibel sein müssen. Plausibel können sie z.B. dadurch werden, dass der materielle Eingang festgehalten und die Verwendung  schriftlich nachgewiesen wird. Das ist mühselig. Also: 1 Kubikmeter Holz wird angeschafft, daraus sollen   3 Betten und 2 Schränke, werden,    die dann auch im Bestand erscheinen müssen. Für Plausibilität kann aber auch die Prüfung  einer Abrechnung oder eines Kostenvoranschlages durch die Deutsche Botschaft  sorgen.

 

Jedoch: Um eine solche Buchhaltung zu ermöglichen, bedarf es eines Profis.  Den habe  ich     für AGERTO ja gewinnen können. Allerdings ist dieser    in starkem Maße abhängig von der mentalen und praktischen Unterstützung durch die Mitarbeiter und besonders den Vorstand. Mal sehen, was sich entwickelt.

 

Personalversammlung bei Agerto

 

Ich habe oben schon erwähnt, dass Mitarbeiter von Agerto häufig nicht bezahlt werden für ihre Arbeit. Da fällt das Gehalt für einen Monat aus oder Ausbilder bekommen grundsätzlich kein Gehalt, sondern  lediglich eine Mahlzeit am Tag (aber auch nicht immer) und die Gelegenheit, auf dem Grundstück zu schlafen. Es befindet sich eben kein Geld in der Kasse. Aus diesem Grunde haben die Mitarbeiter mich gebeten, eine Personalversammlung durchzuführen und zu leiten. Nach Rücksprache mit Messan habe ich das gemacht. Dabei musste ich zuerst der Erwartung entgegentreten, dass ich mit dem Füllhorn in der Hand für höhere und regelmäßige Gehaltszahlungen sorge. Ich hatte die Verbesserung der Gehaltssituation zwar im Blick, konnte so etwas aber nicht versprechen. Mir könne es nur, so der Tenor meiner Worte, um strukturelle Verbesserungen bei Agerto gehen, die auch eine befriedigendere Einkommenssituation für das Personal zur Folge hätte. Z.B. durch die Steigerung der Attraktivität von Agerto für Sponsoren infolge der erwähnten Erhöhung der Transparenz von Management und  Buchführung, durch neue Arbeitsfelder, in denen aber auch ausgebildet werden kann, durch Kosteneinsparungen, z.B. bei Transport von Hilfsgütern,   Überweisungen und Mieten.

 

Während der Personalversammlung habe ich    die Misere der Mitarbeiter hautnah erlebt. Von ihnen, den Ärmsten, wird erwartet, dass sie Zukunftsprojekte durch Gehaltsverzicht finanzieren; ja,   sie sollen sogar „würdigen“ und „anerkennen“, dass   Messan privates Geld ins Zentrum steckt, damit es wachsen und überleben kann. Damit sind sie natürlich überfordert, denn  ihnen geht es verständlicherweise zunächst einmal nur darum, dass sie und ihre Familie satt werden, dass ihre Kinder zur Schule gehen können und dass sie nicht ständig um ihre Anstellung fürchten müssen.

 

Denn das ist ein weiteres Problem, mit dem ich auf meinen Reisen in Afrika  immer wieder  konfrontiert wurde: Die Chefs erwarten von ihren Mitarbeitern, dass sie sich – trotz einer Bezahlung, die weit unter dem Mindestlohn liegt - nicht nur engagiert in das Projekt / in die Firma einbringen, sondern auch „mitdenken“. Aber eine falsche Entscheidung des Mitarbeiters  kann bedeuten, dass er von heute auf morgen seinen Job verliert - ich habe das mehrfach erlebt! – und deswegen sagt er lieber gar nichts und riskiert, als dumm oder wenig initiativ betrachtet zu werden. Hier wird deutlich, dass ein fehlender Kündigungsschutz den MitarbeiterInnen nicht nur mehr Sicherheit  bringt  und  demokratische Teilhabe ermöglicht, sondern den Erfolg des Unternehmens/Projektes durch eine verbesserte Kommunikationskultur auch    steigern kann.

 

Nicht zuletzt die Personalversammlung hat dazu geführt, dass ich dem Hauptsponsor, der mich in Deutschland nach meiner Rückkehr aus Togo um einen Bericht gebeten hatte, empfohlen habe, bei der Hilfe für Agerto nicht nur die auszubildenden Jugendlichen  im Blick zu haben, sondern auch die Mitarbeiter des Zentrums. Dies ist nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit des Projektes nötig, sondern wir schulden es ihrer Würde und ihrem Anspruch auf Gerechtigkeit.


Kristina Mertens - Interkulturelle Zusammenarbeit

Ich, Kristina Mertens, 23 Jahre alt, arbeite seit November bei der Nichtregierungsorganisation „Agerto“ in Kpalimé, Togo. Mein Freiwilligenaufenthalt in Afrika wird von dem deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Zusammenhang mit dem geförderten Projekt „weltwärts“, dass den deutschen Jugendlichen einen interkulturellen Austausch ermöglichen möchte, finanziert.

 

Eine Aufgabe meines Dienstes ist es hier, Kontakt zwischen den togolesischen und deutschen Organisationen herzustellen. Dies soll eine interkulturelle Zusammenarbeit mit gegenseitigem Nutzen hervorbringen. Ich schreibe im Auftrag der „Association Germano Togolaise“ und möchte Ihnen meine Arbeitsstelle vorstellen.

 

Der Verein Agerto e.V. wurde im April 2007 vom Vorsitzenden Messan Amegniho gegründet. Es stellt ein Ausbildungszentrum für junge Mädchen und Jungen der Region Kpalimé dar. Den Jugendlichen wird eine dreijährige kostenlose Ausbildung, zum Beispiel als Schneider, Schreiner, Batiker, Friseur, Schweißer, Lackierer, Holzskulpteur und Weber angeboten. Dies ist für viele oft die einzige Chance sich zu bilden, da sie sich die Kosten für einen normalen Ausbildungsplatz meist aufgrund der familiären Lage nicht leisten können. So finden besonders (Halb-)Waisen und junge Menschen aus zerrütteten und armen Familien ihren Platz im Agerto-Ausbildungszentrum.

 

Sie genießen nicht nur eine Ausbildung, die ihnen eine unabhängige Zukunft sichert, sondern auch Vollverpflegung und wenn nötig eine Unterkunft. Das Ausbildungszentrum Agerto hat klein angefangen, 20 Jugendliche hatten im April 2007 eine Ausbildung begonnen. Im Laufe der Jahre hat sich die Association etabliert. Auch in der Stadt Kara haben nun junge Menschen die Möglichkeit einen Beruf zu erlernen. Die beiden Standorte der Association Germano Togolaise, Kpalimé und Kara, zählen zusammen 150 Lehrlinge. Mit dem Zuwachs an Lehrlingen und Lehrkräften wird es für Agerto zunehmend schwieriger alles zu finanzieren.

 

Bisher bestand die Finanzierung, abgesehen von kleinen Erlösen aus dem Verkauf der von den Lehrlingen hergestellten Produkte, ausschließlich aus Spenden. Obwohl die togolesische Regierung Agerto als staatliches Ausbildungszentrum anerkennt, sodass es z.B. Ausbildungszertifikate erstellen kann und keinen Zoll für die aus Deutschland eingeführten Maschinen bezahlen muss, gibt es keinerlei finanzielle Unterstützung. Das Projekt konnte von Anfang an nur durch Spenden aus Deutschland ermöglicht werden, besonders aus dem Umfeld des Vereins Agerto in Würzburg, der zur Unterstützung und Koordination gegründet wurde.

Um die hohen Kosten für die Lehrgänge; die Löhne des Personals; das Werkstattmaterial und die Wohnungsmiete für 22 Zimmer zu decken; brauchen wir Ihre finanzielle Unterstützung.